Digitalisierung an Schulen

Think radical!

Der Status Quo

Seit Jahren sprechen wir von der „Digitalisierung der Schulen“. Das klingt, als ob Digitalisierung ein zeitlich begrenzter Prozess innerhalb der Institution Schule wäre, der irgendwann abgeschlossen ist.

Allerdings werden Schulen mit der dringend benötigten besseren Hardware-Ausstattung gerade einmal auf den Stand der Schüler*innen gebracht, die mit ihren Smartphones das Wissen der Welt in der Tasche tragen und in den meisten Fällen zu Hause und oft auch unterwegs über schnelle Internetzugänge verfügen.

Schulen lediglich über die Hardware und eine fast überall normale Internet-Verbindung zu digitalisieren, bringt die Lehrinstitutionen also gerade mal auf den seit Jahren existierenden technischen Stand. Geschult im Umgang mit den digitalen Gerätschaften und deren Inhalten, vorbereitet auf Fake News und Online-Mobbing oder ausgebildet in Sachen Quellenrecherche ist dann aber immer noch niemand.

Dies gilt besonders für die Lehrkräfte. Wie Smartphones und andere Endgeräte bedient werden, wissen Schüler*innen. Wie man sich aber sicher in digitalen Lebenswelten bewegt, welche Regeln gelten, wie Information ins Internet kommt, wie einzelne Medienkanäle zu bewerten sind – dieses Wissen müssen junge Menschen allein erwerben. Bislang steht ihnen nur selten jemand dabei zur Seite, der sie an die Hand nimmt.

Unsere Vision für 2030 und Forderungen

Schon jetzt gibt es eine junge Generation, die nur wenig Vertrauen in die Kompetenz der Schulen und Lehrkräfte hat. Hält dieser Trend weiter an, verschwinden die für das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen wichtigen Leitplanken und Autoritäten. Die Folgen sind schon jetzt in Ansätzen zu beobachten: Ein genereller Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und Kompetenzen bis hin zum Anzweifeln des gesamten demokratischen Staatssystems kann verheerende Folgen haben.

Es bleibt also nicht mehr viel Zeit und es braucht radikale Einschnitte im System. Weitere vertrödelte Jahre kann sich Deutschland nicht leisten. Die Schulen bleiben sonst auf der Strecke. Für eine Vorreiter*innenrolle in Sachen digitaler Bildung ist es wahrscheinlich bereits zu spät, doch wenigstens den Anschluss muss das Land schaffen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Dies kann nur mit gemeinsamem Handeln erreicht werden. Man kann von Lehrkräften nicht verlangen, innerhalb kurzer Zeit zu Expert*innen der digitalen Welt zu werden. Doch die Vermittlung digitaler Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung kann verpflichtend statt optional gestaltet werden, es kann eine Öffnung der Schulen für externe Expertise erwartet werden und nicht zuletzt können Schüler*innen viel mehr in die Bewältigung der Herausforderungen eingebunden werden.

Eine Win-win-win-Situation ließe sich erreichen, wenn sich digitale Fachleute (und unter bestimmten Voraussetzungen auch Unternehmen) mit Lehrkräften und Schüler*innen zusammentun würden, um eine sich ständig weiterentwickelnde digitale Realität zu verfolgen, zu analysieren, zu entdecken, zu lehren und zu lernen! Schüler*innen teilen ihr selbst erlerntes Wissen und ihre Erlebnisse, sie erfahren Selbstwirksamkeit und gewinnen Selbstvertrauen. Lehrkräfte lernen von externen Fachkräften und ihren Schüler*innen womöglich viel mehr als in Seminaren. Kommen Externe unterstützend hinzu, ist es ein weiterer Schritt bei dem Versuch, die Bildung der Kinder als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu sehen.

Dafür muss eine gewisse Radikalität und eine neue Aufstellung von Unterricht und Schule an den Tag gelegt werden: Weg vom hierarchischen Denken der Wissenshoheit, hin zu kooperativ gelösten Aufgaben, flexible Grenzen zwischen Sender*innen und Empfänger*innen, Analyse von Wissen und Information statt reine Wissensvermittlung und Abfragen von einzelnen Lehrinhalten sowie Kompetenzerwerb durch ganzheitliche, bereichsübergreifende Betrachtungsweisen und Erkenntnisse.

All diese Faktoren und Fähigkeiten sind ein wichtiger Teil einer neu gedachten Bildung, die alle auch in den digitalen Welten selbst hilfreich sind. Es ist Zeit, dass wir ihre Umsetzung und Integration an Schulen einfordern.

Autor

Johnny Haeusler ist ein Berliner Autor, Musiker, Gründer und Geschäftsführer der re:publica sowie Vorsitzender des TINCON e. V., mit dem er sich für mehr Aufmerksamkeit für junge Stimmen und Lebensrealitäten engagiert.

Impressum

Angaben gemäß §5 TMG

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Registereintrag:
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Registergericht: Berlin
Registernummer: HRB 207856 B


Die Initiative hat einen Rapid Response Grant der Schöpflin Stiftung erhalten, der für Webdesign und Grafik eingesetzt wurde.