Digitale Zivilgesellschaft 2021

Vier Forderungen für eine digital-souveräne Gesellschaft

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Jetzt mitzeichnen Die Empfehlungen auf dieser Seite kommen von mehreren Organisationen der digitalen Zivilgesellschaft. Die zeichnenden Organisationen sind am Ende des Textes aufgeführt.

Digitalisierung ist kein rein technisches, sondern in erster Linie ein gesell­schaftliches Thema: Bei ihr geht es um grund­legende soziale Themen wie Gerechtig­keit, Soli­darität, Teil­habe und Zugang. Um sie nachhaltig und sozial umzusetzen, muss der Fokus auf gesell­schaft­lichen Bedürfnissen und Heraus­forderungen liegen. Deshalb fordern wir als zivil­gesellschaftliche Organisationen, die sich für eine offene und gemeinwohlorientierte digitale Infrastruktur und freien Zugang zu Wissen einsetzen, besonders in Hinblick auf die kommende Bundestagswahl:

Digitale Souveränität der Gesellschaft als zentrale Maxime in der Digital­politik verankern

Für eine erfolgreiche Digitalpolitik ist kein Digitalministerium notwendig, sondern eine umfassende Digitalmission, die von allen Ressorts in ihren jeweiligen Fachgebieten in Bund und Ländern umgesetzt wird. Digitale Souveränität der Gesellschaft ist das Leitbild dieser Umsetzung bei der Abstimmung zwischen den Ressorts und der Integration fachspezifischer Ansätze in die Digitalmission:

Digitale Souveränität umfasst die Fähigkeiten, Rechte und Möglichkeiten von Menschen und Organisationen, um in der digitalen Welt selbstbestimmt und sicher zu agieren und das Digitale im gesellschaftlichen Interesse zu gestalten.

Unsere Forderungen:

  • Die Bundesregierung verfasst gemeinsam mit einem Runden Tisch, der paritätisch aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft besetzt ist, eine digitale Mission mit digitaler Souveränität als Leitprinzip.
  • Die Umsetzung der Digitalmission in den einzelnen Ressorts wird durch ein transparentes, messbares Monitoring eines Katalogs an Maßnahmen begleitet, die der digitalen Souveränität dienen.

Zivilgesellschaft paritätisch beteiligen und Transparenz schaffen

Gesellschaftliche Expertise fehlt in der Digitalpolitik. In Beratungsgremien dominieren Wirtschaft und Wissenschaft. Die Zivilgesellschaft muss gleiche Möglichkeiten erhalten, um ihre Expertise einzubringen.

Unsere Forderungen:

  • Eine verbindliche Zivil­gesellschafts-Quote in Beratungs­gremien und bei der Aus­arbeitung von Gesetzes­vorschlägen wird eingeführt.
  • Echte Mitgestaltung muss ermöglicht werden, indem Abläufe politischer Entscheidungsprozesse transparent gemacht und vorab kommuniziert werden, ausreichende Fristen für Konsultationen gesetzlich festgelegt und maschinenlesbare Dokumentation des Entscheidungsprozesses bereitgestellt werden.
  • Der Arbeitsaufwand von zivilgesellschaftlichen Organisationen ist finanziell angemessen zu kompensieren.

Öffentliches Geld, öffentliches Gut

Investitionen landen zu häufig in eigentums­rechtlich geschlossenen Silos, wodurch Wissen verloren geht und Probleme oft doppelt gelöst werden müssen. Gerade im Digital­bereich fließen große Summen in einen Markt, der eine hohe Fluktuation an Anbieter*innen und Werkzeugen aufweist. Hier muss dringend für wirtschaftliche Nachhaltigkeit gesorgt werden.

Unsere Forderungen:

  • Für Staatsausgaben im digitalen Bereich muss gelten:
    Public Money? Public Good!
  • Das betrifft Software (Public Money, Public Code), Daten der öffentlichen Verwaltung (Open Data), freies Wissen und offene Bildungsmaterialien (Open Educational Resources) gleichermaßen.
  • Öffentliche Gelder für digitale Werkzeuge werden ausschließlich in offenen Verfahren (Open Contracting) vergeben.

Digitalisierung wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig umsetzen

Die Digitalisierung kann nur dann gelingen, wenn sie nachhaltig gestaltet wird. Wir brauchen eine nachhaltige Förderung für einen Aufbau von ökologischer, sozialer digitaler Infrastruktur. Innovationsförderung im Digitalen muss explizit soziale Innovation stärken.

Unsere Forderungen:

  • Wirtschaftlich: Aufbau und Wartung von sicherer, dezentraler digitaler Infrastruktur für die Gesellschaft langfristig fördern, z. B. durch den Aufbau eines Infrastruktur-Fonds für FOSS und der Förderung von Wartungsarbeiten (Maintenance) an zentralen Bausteinen digitaler Werkzeuge.
  • Sozial: Diversität in der Digitalisierung fördern, z. B. durch verbindliche Diversitätsziele bei Hightech-Förderung und Forschungsmitteln für Technikfolgenabschätzung für die Gesellschaft.
  • Einführung eines „Nachhaltigkeitsindex Digitalisierung“: In diesem werden nicht nur die Parameter der Digitalisierung nachgezeichnet und aktualisierend definiert, sondern auch der Status Quo und der jeweilige Fortschritt in den Bereichen.

Jetzt mitmachen:

Die Initiative Digitale Zivilgesellschaft ist ein selbstorganisiertes Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen. Wer uns unterstützen will, kann das auf unterschiedliche Weise tun:

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Für Organisationen, die mit ihrem Logo unter den Forderungen aufgeführt werden möchten.

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Stimmen von Unterzeichner*innen

Der Zugang zu Wissen und digitaler Infrastruktur entscheidet, wer in Zukunft mitgestalten kann und wer abgehängt wird. Digitale Selbstbestimmung ist deshalb eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Elisa Lindinger & Julia Kloiber, Superrr Lab gGmbH

Der Weg zur Teilhabe für alle führt über eine wertegeleitete Digitalisierung. Diese kann nicht im Silo gestaltet werden, unsere Forderungen müssen rein in einen co-kreativen Prozess, in der die digitale Zivilgesellschaft mit der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft gemeinsam Antworten findet.

Katja Jäger, Außenministerin, betterplace lab gGmbH

Die Digitalisierung bietet enorme Potenziale für gesellschaftliche und ökologische Mehrwerte. Damit sich diese entfalten können, muss die Politik bei der Unterstützung digitaler Lösungen aus der Zivilgesellschaft endlich von einem ‚so tun als ob‘ zu entschlossenem Handeln übergehen!

Markus Sauerhammer, 1. Vorstand Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V.

Digitalisierung ermöglicht dank der Skaleneffekte eine umfangreiche Demokratisierung. Die Partizipation aller Bürger*innen kann somit ermöglicht werden, damit der technologische Fortschritt wieder primär dem Gemeinwohl dient.

Daniel Bartel, Gemeinwohl-Innovator & Regionalsprecher SEND e. V. NRW

Die politische Gestaltung der Digitalsierung braucht Expertise. Dabei zählt die Expertise aus der Zivilgesellschaft genauso wie die aus Wissenschaft und Wirtschaft. Das ist derzeit nicht so. Um die digitale Entwicklung unsere Gesellschaft sozial, gerecht und nachhaltig zu gestalten muss sich das ändern.

Anna Wohlfahrt & Stefan Heumann, Stiftung Neue Verantwortung e. V.

Digitalisierung muss demokratisch gestaltet sein. Bei allen technischen Möglichkeiten gilt, dass Technologien nur sinnvoll sind, wenn sie am Wohlergehen von Mensch und Umwelt ausrichtet werden. Dafür stehen wir als digitale Zivilgesellschaft.

Henriette Litta, Geschäftsführerin Open Knowledge Foundation Deutschland e. V.

Noch immer glauben Regierung und Verwaltung viel zu oft, dass sie digitale Systeme für uns ohne uns entwickeln können. Eine digitale Infrastruktur, die einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird, kann aber nicht hinter verschlossenen Türen mithilfe kommerzieller Beratungsfirmen entstehen, sondern nur mit echter Beteiligung der Betroffenen. Daher: Ja, Public Money, Public Code – aber auch: Public Systems, Public Participation.

Matthias Spielkamp, Geschäftsführer, AlgorithmWatch

Warum wird durch Steuergelder finanzierte Software nicht als Freie Software veröffentlicht? Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code öffentlich sein! Von allen bezahlter Code sollte für alle verfügbar sein!

Alexander Sander, Free Software Foundation Europe e. V.

Digitalisierung ohne Werte ist Unsinn. Die Politik sollte die digitale Zivil­gesellschaft einbinden und unsere Forderungen ernst nehmen. Gemeinsam können wir Innovationen so gestalten, dass sie demokratisch, nachhaltig und sozial sind.

Moritz Ritter, Geschäftsführer, Liquid Democracy e. V.

Eine Kommune stärkt ihre digitale Souveränität, indem sie geeignete Datentechnik prozessual mit Governance und Beteiligungs­management im Ökosystem verknüpft, sodass die demokratische Kontrolle des Daten­managements jederzeit gewährleistet ist.

Stefan Slembrouck, Smart City Experte, Philosoph und Ambassador des Bundesverband Smart City e. V.

Um Vertrauen in digitale Systeme aufzubauen, muss staatlich geförderte und genutzte Software so entwickelt werden, dass die volle Kontrolle über sie ausgeübt werden kann. Wir fordern daher: Public Money, public Code!

Constanze Kurz, Sprecherin Chaos Computer Club e. V.

Der Weg zu einer digital souveränen Gesellschaft führt über die Stärkung des Gemeinwohls. Was mit öffentlichen Geldern finanziert wird, sollte der Allgemeinheit zugute kommen – öffentliches Geld, öffentliches Gut.

Abraham Taherivand, Geschäftsführender Vorstand, Wikimedia Deutschland e. V.

‚Die Digitalisierung‘ gibt es nicht, denn erst die Zielstellung definiert, wie digitale Systeme gestaltet und verwendet werden. Wenn eine Gesellschaft nicht selbst gestaltet, wird sie zum Spielball der Märkte. Darum plädieren wir für demokratisch kontrollierte, inklusiv ausgerichtete und langfristig orientierte Infrastrukturen in öffentlicher Hand.

Rainer Rehak, Co-Vorsitzender des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e. V.

Ein sozial gerechter, dem Gemeinwohl verpflichteter digitaler Wandel kann nur gelingen, wenn die Zivilgesellschaft an politischen Prozessen beteiligt ist und diese transparent stattfinden.

Johnny Haeusler, Vorsitzender TINCON e. V.

Unterzeichnende Organisationen

Die Forderungen und unterzeichnenden Organisationen von 2020 findet Ihr auf 2020.digitalezivilgesellschaft.org.
Impressum

Angaben gemäß §5 TMG

Superrr Lab SL gGmbH
Oranienstraße 58a
10969 Berlin

Vertreten durch:
Julia Kloiber
Elisa Lindinger

Illustrationen:
Anna Niedhart

Registereintrag:
Eintragung im Handelsregister.
Registergericht: Berlin
Registernummer: HRB 207856 B


Die Initiative hat einen Rapid Response Grant der Schöpflin Stiftung erhalten, der für Webdesign und Grafik eingesetzt wurde.