Von der Not zur Tugend
Durch digitale Bildung zur Repolitisierung der Demokratie
Der Status Quo
Ausgelöst durch Raubbau des Menschen an der Natur und den durch ihn verursachten Klimawandel treten seit den Zwanzigerjahren des 21. Jahrhunderts immer häufiger neue Infektionskrankheiten auf, die als Pandemien das Leben der Menschen weltweit stark beeinträchtigen.
Homeoffice und Homeschooling wurden zu einem Dauerzustand, der zunehmend psychische Erkrankungen bei Eltern und Kinder verursachte und andere weitreichende gesellschaftlichen Folgen hatte.
Insbesondere die immensen Kollateralkosten für Wirtschaft und Staat führten schnell zu der Erkenntnis, dass Eltern vom Homeschooling entlastet werden mussten, um deren Arbeitsfähigkeit nicht zu gefährden. Kinder und Jugendliche benötigten eine völlig neue Form digitalen Lernens.
Bei dem Versuch, das Bildungswesen innerhalb kürzester Zeit zu digitalisieren, ist jedoch deutlich geworden, dass kein wissenschaftlicher Konsens darüber möglich war, welches Rüstzeug junge Menschen überhaupt benötigen, um sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurechtzufinden und souverän handeln zu können, und wie dieses ggf. zu vermitteln wäre.
Unsere Vision für 2030
Aufgrund der zunehmend desolaten Stimmung in der Bevölkerung sowie an Lernanstalten und der Unmöglichkeit, einen für alle Stakeholder*innen akzeptablen Konsens hinsichtlich der Ausgestaltung der digitalen Bildung herbeizuführen, wagte die neue Bundesregierung, sich auf das größte gesellschaftliche Experiment der deutschen Geschichte einzulassen:
Mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung war erstmals in der Menschheitsgeschichte die dauerhafte diskriminierungsfreie Partizipation aller handlungsfähigen Bürger*innen möglich geworden. Die digitale Zivilgesellschaft hatte bereits entsprechende skalierbare Freie-Open-Source-Lösungen entwickelt und in vielen gesellschaftlichen Bereichen erprobt.
In einer breiten Allianz aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik – über alle Fraktionen hinweg – wurden die entsprechenden Technologien nun genutzt, um mit den Bürger*innen in einem offenen und transparenten Dialogprozess einen gemeinsamen Wissensraum zu schaffen.
In diesem Prozess wurden fortan gleichberechtigt und ergebnisoffen Szenarien für eine zukunftsfähige Digitalisierung der Bildung entwickelt und anhand von Simulationen spielerisch erprobt.
Zur Überraschung aller Beteiligten entstanden innerhalb weniger Jahre die Grundlagen für eine neue Digitalisierungs-Didaktik, eine neue Digitalisierungs-Pädagogik, völlig neue digitale Lern- und Lehrinhalte sowie neue Formen der Zusammenarbeit und Verhaltenskodizes.
Dieser Prozess förderte aber auch fundamentale Fragen zutage, z. B., wieviel Digitalisierung die Bürger*innen in welchen Lebensbereichen überhaupt als sinnvoll erachten und wie der ethische Umgang mit Personendaten gewährleistet werden kann.
Das löste einen Wandel fort von einer technik- und effizienzgetriebenen hin zu einer menschenzentrierten, nachhaltigen und zukunftsverträglichen Digitalisierung in allen Lebensbereichen aus.
Der Erfolg der neuen Partizipationsmöglichkeiten war so überwältigend, dass diese seitdem in allen Wissensbereichen Anwendung finden.
Die diskriminierungsfreie gleichberechtigte Teilhabemöglichkeit der Bürger*innen (und somit auch jener Menschen, die marginalisierten und vulnerablen Gruppen zugerechnet werden) bei der Entwicklung von Visionen für ein zukünftiges friedliches Zusammenleben hat seitdem zu einer Repolitisierung der Bevölkerung und Stärkung der Demokratie in Deutschland geführt.
Die Selbstwirksamkeit in gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen ist für die Menschen als politischer Akt erfahrbar geworden. In der ganzen Welt lernt man seitdem vom „deutschen Digitalisierungswunder“: Demokratie stärken erfordert, mehr Demokratie zu wagen!
Unsere Forderungen an die Politik
- Finanzierung eines interdisziplinären Forschungsprojektes zwecks Skizzierung einer digitalen Pädagogik, vermutlich in Anlehnung an die Montessoripädagogik
- Schaffung eines Reallabors, in dem Kinder spielerisch neue hybride Formate des Austauschs und gemeinsamen Lernens entwickeln, beobachtet von Pädagog*innen
- Schaffung eines Reallabors für die Anwendung dieser neuen Formate in Erwachsenengruppen
- Finanzierung der Weiterentwicklung von Freien und Open-Source-Software-Lösungen für Open Knowledge Simulation Modeling, um diskriminierungsfreie digitale Partizipation zu ermöglichen
Autor
Mirko de Paoli, Vorstandsvorsitzender des Bundesverband Smart City e. V. (BVSC)
Der BVSC ist eine ganzheitliche, interdisziplinäre Forschungs- und Bildungsplattform mittels derer Expert*innen bereits seit 2011 Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen denken.
Von entscheidender Bedeutung sind für den BVSC Datenschutz und -sicherheit, die Berücksichtigung von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten sowie die Einbindung aller gesellschaftlichen Gruppen.